Eine gute Ablenkung von der Mathematik bietet das Mathematics Genealogy Project, was einen riesigen Mathematikerstammbaum pflegt, bei dem die Eltern Erst- und Zweitgutachter der Dissertation darstellen. Bei meinem Doktorvater und mir gab es dabei bislang das Problem, dass zwar noch sein Doktorvater bekannt war, dort die Spur jedoch endete. Also kein lustiges Zurückführen der eigenen mathematischen Genealogie auf Gauss, Euler oder Cauchy, im Gegensatz zum fast kompletten Rest der mathematischen Welt.
Nun hat Springer kürzlich ältere Ausgaben der Zeitschrift Archive for Rational Mechanics and Analysis digitalisiert und dort ist insbesondere die Zusammenfassung der Dissertation von Willie Törnig zu finden, wo er erwähnt, dass die Gutachter W. König und H. Menzel von der TU Clausthal waren. Und das passt damit zusammen, dass er in Clausthal bei Wilhelm König habilitiert hat und damit ist klar, mein Urgrossvater ist ein König. Nun denn, dieser Mann hat bereits einen Eintrag im Projekt, von dort aus kann man sich also weiterklicken, landet bei Runge, einem der ersten echten Numeriker und schliesslich bei Karl Weierstrass, auch genannt Prinz der Analysis (der Fürst war ja schon durch Gauss belegt).
Ab hier muss man die Augen zu kneifen: Weierstrass hat nie promoviert. Er war Mathematiklehrer und hat nebenbei an Mathematik geforscht und wurde durch seine Ergebnisse so berühmt, dass man ihm eine Ehrendoktorwürde verlieh. Das Genealogy Project listet hier einen Herrn Gudermann als Doktorvater. Also nicht lange fackeln und weiter geht's und nach sieben Generationen landet man bei? Herrn Friedrich Leibnütz im Jahre 1622!
Friedrich Leibnütz; Unbekannter Maler, via Wikimedia Commons |
Das klingt nach einem Schreibfehler, aber ein Blick in die Wikipedia zeigt auch dem Ungebildeten, dass es sich um den Vater des uns allen Bekannten Leibnizes handelt. Und damit ist die wichtige Frage, die Sheldon einmal völlig empört Leonard stellt beantwortet: "Are you a Leibniz man?" Well, not quite, but at least a Leibnütz man!"
Hintergrund der Frage ist der Prioritätsstreit zwischen Newton und Leibniz über die Ersterfindung der Infinitesimalrechnung. Die Sache war schon damals klar und ist es auch heute noch: Beide haben es unabhängig voneinander mit unterschiedlichen Ansätzen selbstständig gefunden. Newton hatte seine Sachen früher, publizierte sie aber extrem lange nicht, so dass seine Publikation faktisch nach der von Leibniz erschien. Leibniz hatte dafür beispielsweise die Produktregel der Ableitung als erster. Und nochmal unabhängig von diesen beiden fand James Gregory den Hauptsatz der Analysis.
Newton war jedoch Vorsitzender der Royal Society und liess die Frage von einer Kommission abschliessend entscheiden. Die Kommission bezichtigte Leibniz entgegen der Fakten des Plagiats, was die englische und die kontinentale Mathematik auf längere Zeit entfremden sollte. Nein, ein Newton-man will keiner sein.
Und sonst:
- There's dancers among us!
- Langweilig. Nicht langweilig.
- Trauriges Forschungsgebiet, lustig erklärt.