Samstag, 21. September 2013

Was eigentlich zur Wahl steht

Morgen ist Bundestagswahl und ich möchte hiermit eine Last-Minute-Wahlempfehlung geben. Dabei werde ich auf den Punkt eingehen, der meiner Meinung nach neben der Eurokrise die dringlichste Aufgabe der nächsten Bundesregierung ist und gleichzeitig die geringste Rolle im Wahlkampf gespielt hat. Das ist die Verhinderung katastrophalen Klimawandels.

Das Problem ist: Es ist gerade Crunchtime und wenn die Menschheit in den nächsten fünf Jahren, also der nächsten deutschen Legislaturperiode nicht die Kurve kriegt, dann ist die Welt 2050 nicht mehr so wie wir sie kennen. Die Lösung des Problems ist schwierig und die aktuelle Regierung hat alles in ihrer Macht stehende getan, um das noch zu erschweren. Wer einen Wandel des Klimas anstrebt, sollte also CDU oder FDP wählen.

Dagegen gibt es genau eine Partei, die in ihrem Wahlprogramm wirklich wesentliche Punkte zur Behebung des Problems hat und als sie an der Regierung war, wesentliche Schritte zur Lösung durchgeführt hat, die überhaupt dazu geführt haben, dass die Menschheit noch eine Chance hat, den Klimawandel in den Griff zu kriegen. Das sind die Grünen, die über das Erneuerbare-Energien-Gesetz die Kosten für Solarpanele weltweit massiv gedrückt haben und die erheblichen Anteil an der Einführung des EU-Emissions-Zertifikate-Handels hatten.

Also was ist das Problem? Macht die westliche Welt nicht eh schon so viel und hat Grenzwerte eingeführt, erneuerbare Energien gefördert und so weiter? Ja, schon, nur ist davon global nichts zu spüren.
Globaler CO2-Ausstoss und Industrialisierug:
Jedes Jahr wächste der globale Ausstoss um 1%;
Bild: Mak Thorpe, CC-by-SA 3.0; Daten: Hier.
Die globalen Emissionen steigen jedes Jahr um 2%, also exponentiell. Und das seit Beginn der Industrialisierung 1750. Obwohl die EU mittlerweile 6% weniger emittiert als 1990. Das Öl, das in der EU nicht mehr gebraucht wird, wird nun halt nach China geliefert. Und Produktion, die aufgrund der Globalisierung abgewandert ist, sieht gut aus in den Emissionszahlen der Ursprungsländer, dafür ist sie in den neuen Ländern ineffizienter und treibt den Klimawandel.

Beängstigend ist das ganze, weil die Menschheit, will sie das 2-Gradziel erreichen, bis 2050 nur noch etwa 500-600 Gigatonnen CO2 in die Luft blasen darf. Gut, wird sich mancher denken, dann sinds halt drei Grad, das ist dann auch egal. Schön wärs. Das Problem ist, dass ein Klima mit 3 Grad Erwärmung aller Wahrscheinlichkeit nicht stabil ist und Kreisläufe auslöst (Abschmelzen allen Poleises, Zusammenbruch des Golfstroms, Abtauen des Methans in Sibirien), die dazu führen, dass wir bis 2100 4-8 Grad Erwärmung haben. Und das ist die Apokalypse.

Schaut man sich nun die obige Kurve an, dann sind die bereits getätigten Emissionen die Fläche unter der Kurve. Sie addieren sich zu etwa 2000 Gigatonnen, also dem vierfachen von dem, was wir bis 2050 noch über haben. Je früher die Kurve wieder nach unten geht, desto einfacher wird es, je später, desto schwieriger. Realistisch gesehen muss die Trendwende in den nächsten 5 Jahren passieren, sonst ist es aus. Nächstes Jahr wird die Menschheit etwa so 13-15 Gigatonnen ausspucken von den 500-600, die wir noch dürfen. Es wird eng.

So, und damit kommen wir nun zu den wirklich schlechten Nachrichten. Es ist nämlich alles noch viel schlimmer. Die bekannten Vorräte an förderbaren fossilen Brennstoffen, also an Öl, Gas und Kohle sind gut für 2500 Gigatonnen Emissionen. Also fünfmal so viel, wie wir noch verbrennen dürfen. Das eigentliche Spiel ist also, in eine Lage kommen, das Zeug in der Erde zu lassen. Und da Kohle am wenigsten Energie pro CO2 bringt, ist es massiv gegen die eigenen Interessen, diese zu verbrennen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat es beispielsweise hinbekommen, die Energiewende so zu gestalten, dass mehr Kohle als vorher verbrannt wird. Dabei hat die CDU im Europaparlament eine wesentliche Rolle gespielt, als die das oben erwähnte EU-Zertifikate-Handels-Verfahren (EU-ETS) torpediert hat. Und sie ist für Fracking, obwohl es ja völliger Wahnsinn ist, die Menge der förderbaren Rohstoffe noch zu vergrössern. Sie torpediert schärfere Regulierung von Autobauern und ist gegen ein Tempolimit, obwohl diese Sachen die Emissionen weltweit beeinflussen. Die Autos werden weltweit schwerer gebaut als notwendig, damit sie in Deutschland bei Tempo 200 auf der Autobahn noch Bodenhaftung haben.

Die Grünen fordern den Ausstieg aus der Kohleenergie, die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und CO2-Emissionen durch Förderung erneuerbarer Energien und neuer Indikatoren neben Wirtschaftswachstum, Inflation und Arbeitslosenquote, die erfolgreiche Wirtschaftspolitik bewerten sollen. Sie sind gegen Fracking, sie wollen das EU-ETS wiederbeleben. Dieses global hinzubekommen, ist die aussichtsreichste Idee, es zu schaffen. Und sie haben im Gegensatz zu CDU, FPD und SPD die Eurokrise korrekt analysiert und könnten sie lösen. Was hat das hiermit zu tun? Ohne internationale Zusammenarbeit und Diplomatie gibt es keine Chance. Wer Europa politisch torpediert, der gefährdet eine internationale Einigung.

Aber ist meine Stimme für Grün denn nicht verschenkt? Letztlich ist die einzige Chance, eine Situation zu schaffen, in der eine Politikerin wie Merkel es für sinnvoll hält, den Klimawandel anzupacken und auch drastische Massnahmen nicht als politischen Selbstmord. Das geht zum Einen durch Verhaltensänderung (siehe etwa "Wie schlecht sind Schweine?"), so dass die Gesellschaft demonstriert, dass ein ausreichender Anteil der Leute etwas eh will. Das ist das, was beispielsweise beim 2. Atomausstieg oder der Abschaffung der Wehrpflicht passiert ist. Und zum Anderen durch starke Grüne im Bundestag.

Als Leseempfehlung einen Artikel von Bill MacKibben im Rolling Stones Magazine und für die, die eine detailliertere Analyse mit mehr Handlungsempfehlungen haben wollen, das Buch "The Burning Question" von Mike Berners-Lee und Duncan Clark.

Und sonst:
  • Gestatten, der Bobbit-Wurm
  • Wie viele Indianer lebten 1491? 10 oder 100 Millionen?
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